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Waldtraut die kleine Weißtanne 1

2. April 2019 | 4 Minuten zum Lesen

Tags: weißtanne, wald, waldtraut, waldbau, klimawandel

Eigener Wald ist schon etwas Besonders. Für mich ist Wald das Verbindungsglied zwischen denen, die vor mir waren und denen, die nach mir sind. So partizipiere ich von der Arbeit meiner Vorfahren und lege mit dem, was ich tue, den Grundstein für das, was meine Nachkommen dann mal ernten werden. Ein schöne Vorstellung, oder?

Da nun nicht jeder einen eigenen Wald hat möchte ich am Beispiel der kleinen Weißtanne Waldtraut zeigen, wie sich so ein Baum entwickelt, wie er wächst und gedeiht. Zumindest hoffe ich das, denn in den Zeiten des Klimawandels ist der Erfolg einer Pflanzung gar nicht mehr so sicher. Trotzdem oder gerade deshalb sind diese kleinen Bäumchen so wichtig. Mit ihnen wird der Grundstein für die Durchmischung der Fichtenwälder gelegt. Diese werden so kräftiger und widerstandsfähiger, die Zeit der Monokulturen ist nun wirklich vorbei.

Die Geschichte von Waldtraut beginnt am 30. März 2019, einem Samstag.

Der Morgen ist kühl und wolkenlos. Gegen 9 Uhr beginnt die Fahrt ins Sauerland zu einer Baumschule, mit der wir schon viele Jahre zusammenarbeiten. Dort nehme ich, gut verpackt, die kleine Waldtraut zusammen mit 300 Geschwistern in Empfang. Sie ist 4 Jahre alt und etwa 20cm groß. Schnell geht es zurück nach Hause, denn die Wurzeln dürfen auf keinen Fall trocken werden. Vorerst finden die kleinen Pflanzen in Bunden zu je 25 Stück ein vorübergehendes Zuhause im feuchten Boden des Waldes.

Nun beginnt das Pflanzen. Bevor Waldtraut an der Reihe ist, müssen sich ihre Geschwisten an die neue Heimat gewöhnen.

Montag, 01. April 2019

Fast ist die Arbeit erledigt. Die 300 Weißtannen, 25 Baum-Haseln und 5 Elsbeeren bereichern nun die heimatlichen Wälder. Die Weißtanne bevorzugt den Halbschatten und ist somit ideal als Unterbau für die Fichtenbestände. Bewaffnet mit Wiederhopfhacke und einem Beutel, in den ca. 25 Pflanzen passen, streife ich durch den Wald auf der Suche nach Plätzchen für die Pflanzen. Etwas Licht sollte vorhanden sein, nicht zu viel Naturverjüngung sollte in Konkurrenz stehen, die Fällrichtung der großen Bäume will auch beachtet werden.

Ein schöner Platz!

Ist der Platz gefunden, wird mit der Hacke die oberste Schicht zur Seite gekratzt. So sieht man, ob nicht große Wurzeln die weiteren Arbeiten behindern und ob auch ausreichend Boden vorhanden ist. Gerade unter Fichten trifft man schon mal auf eine dicke Schicht aus Nadeln, keine gute Voraussetzung für das Anwachsen.

Gute Vorbereitung ist wichtig.

Nun wird mit der Seite der Hacke, die wie eine Schneide aussieht, der Boden geteilt.

Im nächsten Schritt wir die andere Seite genau mittig und im rechten Winkel vor den ersten Schlag gesetzt.

Durch das Ziehen des Stils nach vorne wird jetzt der Boden geöffnet.

Kleine Pflanzen lassen sich direkt in den Spalt setzen. Waldtraut und ihre Genossen sind jedoch etwas größer und so ist Mehrarbeit angesagt. Die Hacke wird Richtung Körper gezogen und es entsteht ein große, etwa 20cm tiefe Öffnung. Reicht der Platz für die Wurzeln nicht, so wird die Hacke als Spaten verwendet und das Loch vergrößert.

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Jetzt passt es!

Und hier ist sie nun, darf ich vorstellen: Waldtraut!

Kräftiges Grün, viele, und vor allem feine Wurzeln und ein ordentliches Stämmchen. So sieht eine Pflanze von hoher Qualität aus!

Und schon ist sie in ihrem neuen Zuhause.

Die Erde wird um die Pflanze verteilt. Schnelles Ziehen an der Spitze sorgt für eine gleichmäßige Verteilung auch zwischen den Wurzeln. Wichtig ist, dass wirklich alle Wurzeln im Erdreich sind, sonst haben Pilze ein leiches Spiel und könnten Waldtraut den Garaus machen. Wichtig ist auch das feste Andrücken der Erde.

Nun wird die Erde mit den Füßen kräftig verdichtet und gleichzeitig an der Spitze der Pflanze gezogen. So lässt sich kontrollieren, ob sie auch wirklich fest im Boden steckt.

Fertig

Wer Waldtraut mal besuchen möchte, der kann es hier versuchen: 50° 54’ 51.6"N, 7° 50’ 14.6"E

Die aufgezeigte Art des Pflanzens ist aufwändiger als die, die in den Lehrbüchern propagiert wird. Doch zum einen handelt es sich um große Pflanzen und zum anderen bin ich ja bestimmt kein Großwaldbesitzer. Ich kann mir die Zeit nehmen und mich über weniger Ausfälle freuen.

Das Lebensmotto eines ehemaligen Lehrers passt da sehr gut!